BeeNature Vortrag in Wilhelmshaven

Auf Einladung des Wilhelmshavener Imkervereins hielt der renommierte Bienenforscher Torben Schiffer am 13.9.19 im Forum der IGS einen Vortrag über die artgerechte Bienenhaltung. Ca. 90 Teilnehmer verfolgten aufmerksam seine Ausführungen zu seinen Forschungsergebnissen. Erfreulich war, dass nicht nur die Imker aus Wilhelmshaven und Umgebung, sondern auf viel weitere Interessierte der Einladung gefolgt waren.

In seinem Vortrag zeigte Schiffer insbesondere die Diskrepanz zwischen imkerlicher und natürlicher Bienenhaltung auf. Das Imkerwesen ist vornehmlich unter der Prämisse der Honiggewinnung entstanden und hat seine Praxis dementsprechend entwickelt. So bildete sich die heute übliche Form der eckigen Bienenbeute heraus. Diese sind jedoch auf Grund ihrer Form und ihres Volumens durch das Bienenvolk nur schwer in allen Bereichen gleichmäßig zu erwärmen.

Die Biene ist jedoch ursprünglich ein Waldbewohner, der in Baumhöhlen mit einem Volumen von max. 30 bis 40 Litern lebt. Diese Höhlen sind auf Grund ihrer Größe und Geometrie von dem Bienenvolk gut zu erwärmen. Hier herrscht ein ideales, konstantes Wärmeklima mit hervorragender Isolation. In den über 45 Jahren ihrer Entwicklung hat die Biene einen Weg gefunden, ihre Behausung in ein für sie optimales, steriles und antibiotisches Heim zu verwandeln.

Im Gegensatz zu den Naturwaben, deren Menge durch die Abmaße der Baumhöhle begrenzt ist, wird bei einem bewirtschafteten Volk in den üblichen Imkerbeuten durch Aufsetzen von Honigräumen der Raum erweitert. So wird das Volk in seinem Trieb gehalten, zu allererst Honig zu sammeln. Diesem Trieb hat die Evolution alle weiteren natürlichen Verhaltensweisen untergeordnet. Die Bienen kommen in diesem Fall z. B. dem gegenseitigen Putzen, Verbeißen von Schädlingen oder der Auskleidung ihrer Behausung mit Propolis nur noch unzureichend nach. Dies wiederum hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit des Bienenvolkes. In der Folge wird für den Imker eine Behandlung des Biens gegen Schädlinge und Seuchen notwendig. Bei einer artgerechten Verhaltensweise in einer natürlichen Umgebung kann das Volk seine Gesundheit dagegen selbst erhalten.

Im Gegenzug ist jedoch in der artgerechten Bienenhaltung eine Honiggewinnung nicht bzw. nur im extrem begrenzten Maße möglich.

In seinem Plädoyer für eine nichtkommerzielle Bienenhaltung wies Schiffer eindringlich darauf hin, dass das Imkerwesen derzeit den Genpool einer ganzen Spezies in den Händen halte und sich der damit einhergehenden Verantwortung bewusst sein müsse. Wenn wir es schafften, so Schiffer, für jedes kommerziell genutzte Bienenvolk zwei Völker wesensgerecht ohne Honigentnahme zu halten, so könne die Spezies „Honigbiene“ mit ihrem 45. Mio Jahre alten Genpool erhalten bleiben.

Hierzu entwickelte Schiffer - basierend auf seinen Studien und wissenschaftlichen Messungen - den einer natürlichen Baumhöhle nachempfundenen „Schiffer-Tree“. Die Pläne zum Bau dieser Bienenbehausung werden demnächst „OpenSource“ auf der Internetseite des BeeNature-Projektes (beenature-project.com) als Download zum Nachbau kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Eine kommerzielle Nutzung wird dann ebenfalls möglich sein, muss jedoch durch Schiffer autorisiert werden.

Des Weiteren machte Schiffer drauf aufmerksam, dass entgegen landläufiger Meinung sehr wohl noch wildlebende Bienenvölker existieren. In einem Forschungsauftrag katalogisiert er gerade deren Standorte, um die wilden Völker langfristig zu beobachten. In diesem Zusammenhang bittet er darum, jedes wildlebende Bienenvolk zu melden, damit es in den Katalog aufgenommen und seine Entwicklung von lokalen Imkern verfolgt werden kann.

Der Imkerverein Wilhelmshaven prüft grade auch diese alternative Art der Bienenhaltung in seinem imkerlichen Handeln mit aufzunehmen, da diese Art des Artenschutzes der Beweggrund vieler neuer Imkerschüler ist. Sie möchten sich daran erfreuen, die Biene in ihrer natürlichen Verhaltensweise kennenzulernen, keine Chemie einsetzen und sind dafür bereit auf Honigerträge zu verzichten

14.09.2019